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„Es ist erstaunlich, was man aus den Grundzutaten alles herstellen kann.“

Interview mit Brauerin Lisa von FLENS.

ca. 4 Minuten 15 Sekunden
Artikelzusammenfassung
Mit ihren 25 Jahren steht Brauerin Lisa für die neue Generation von Bierbrauerinnen, die ihren Beruf ganz selbstverständlich finden. Im Interview erzählt sie von ihrem Alltag in der Flensburger Brauerei, ihrer Faszination an der Bierherstellung und dass sie „Bier studieren“ am Anfang eher als Witz meinte.
Brauerin Lisa von FLENS tauscht ein Leitungsstück an der Anlage im Gärkeller aus.

Wir haben vor einiger Zeit zwei unserer Brauerinnen interviewt, um von ihnen zu erfahren, wie sie zu ihrer Berufsentscheidung gekommen sind. Heute stellen wir vor:

Lisa, 25 Jahre: Seit 2019 bei FLENS.

Die Brauerinnen Lisa & Karolin von FLENS im Gärkeller.

Links im Bild Lisa, rechts Karolin.

Wie bist Du zum Beruf der Brauerin gekommen?
Lisa: Ich habe mein Abitur am Bodensee gemacht, komme aber ursprünglich aus Husum. Nach dem Abschluss war ich zunächst unschlüssig, was ich machen sollte. Irgendwann sagte ich scherzhaft, ich würde "Bier studieren", da ich kein Geld für eine Weltreise oder eine private Universität hatte.

Ursprünglich wollte ich Ärztin werden, aber die Vorstellung von sieben Jahren Theorie für wenig Praxis schreckte mich zu sehr ab. Bei der Berufsberatung erwähnte ich dann die Idee vom Bierbrauen. Ich schwankte zwischen verschiedenen Studiengängen, fand aber die naturwissenschaftlichen Fächer schon immer sehr interessant.

Da wurde mir klar, dass ich in der Bierbrauerei all meine Interessen vereinen könnte: Kreativität, Biologie und Chemie. Das hat mich letztendlich überzeugt, und ich begann das Studium des Brauwesens. Anschließend habe ich mich bei der Flensburger Brauerei für eine Ausbildung beworben, weil es mir so gut gefiel. Ich hatte Glück, hier angenommen zu werden, sonst wäre ich nach München gegangen.
Beschreibe einen typischen Arbeitsalltag bei der Flensburger Brauerei.
Lisa: Es beginnt mit der Schichtübergabe. Wir arbeiten im Dreischichtsystem: Entweder hat man Früh-, Spät- oder Nachtschicht. Zu Beginn und Ende jeder Schicht gibt es immer eine etwa viertelstündige Übergabe.

Danach strukturiere ich meine 8 Stunden vor. Das ist wichtig, weil viele Aufgaben nicht gleichzeitig erledigt werden können oder schnell aufeinander folgen müssen. Dann drehe ich meistens eine Runde und prüfe, ob alles in Ordnung ist, kontrolliere die laufenden Prozesse.

Es kommt darauf an, ob man im Sudhaus oder im Gärkeller arbeitet. Im Sudhaus ist alles zeitlich vorgegeben, getaktet und klar strukturiert. Der Sudplan ist geschrieben, und man arbeitet ihn im Rhythmus von zweieinhalb Stunden ab, mit immer wiederkehrenden Prozessen. Im Gärkeller muss man zum Teil kreativ agieren, um alles zu bewältigen.

Größtenteils begleiten wir Automatisierungen und reparieren Dinge. Das kann handwerklich sein, oder ich muss Werte ändern und Probleme lösen, wenn etwas nicht funktioniert hat. Dann überlegen wir, wie wir das wieder in Ordnung bringen können.
Die Brauerinnen Lisa & Karolin von FLENS stoßen vor der pink und blau beleuchteten Entalkoholisierungsanlage mit einer Bierprobe an.
Brauerin Lisa von FLENS tauscht ein Leitungsstück an der Anlage im Gärkeller aus.
Die Brauerinnen Lisa & Karolin von FLENS stehen Rücken an Rücken im Gärkeller.
Was fasziniert Dich persönlich an der Bierherstellung und an Deinem Beruf als Brauerin?
Lisa: Für mich ist es vor allem die Kreativität. Ich braue auch selbst Bier zu Hause. Es ist erstaunlich, was man aus den Grundzutaten – Wasser, Hopfen, Malz und Hefe – alles herstellen kann. Die Vielfalt und Variationsmöglichkeiten, die sich aus diesen Rohstoffen ergeben, finde ich persönlich am interessantesten. Man kann damit experimentieren und immer wieder neue Geschmackserlebnisse schaffen. Auch die biochemischen Prozesse finde ich sehr spannend.

Ich mag auch die Problemlösung. Wenn ein Sud gut läuft, ist es entspannt und macht Spaß. Aber es wird erst richtig interessant, wenn etwas Unerwartetes passiert. In etwa 90 % der Fälle tritt irgendeine Herausforderung auf, und dann muss man überlegen: Wie kann ich das Produkt noch retten? Muss ich umschwenken? Wie kann ich die Situation meistern? Da gibt es unzählige Möglichkeiten.

Was ich auch faszinierend finde, ist, dass man den gesamten Prozess von Grund auf kennenlernt. Man versteht die Wasseraufbereitung, die Abwasserbehandlung, kennt die verschiedenen Hefestämme und Hopfensorten sowie deren Anbau. Man weiß, wann die Gerste ausgesät wird – man wird quasi zur Mini-Expertin für jeden einzelnen Rohstoff.
Gibt es weitere Vorteile?
Lisa: Als Brauerin hast Du eine der besten Ausbildungen innerhalb der Lebensmittelindustrie. Die Jobchancen sind hervorragend. Man lernt so viel – von Laborarbeit über den Umgang mit Reinigungsmitteln bis hin zur Abfülltechnik. Selbst wenn man sagt, dass einen das Bierbrauen an sich weniger interessiert, gibt es zahlreiche andere Bereiche, in die man gehen kann.
Wie kommt Dein Beruf in Deinem Umfeld an?
Lisa: Es ist ein sehr gesellschaftsfähiger Beruf. Wenn man erzählt, dass man Bierbrauerin ist, reagieren die Leute oft begeistert, ähnlich wie bei einem Koch, und fragen nach, ob man ihnen etwas brauen könne.
Siehst Du Dich eher als Pionierin in Deinem Bereich oder empfindest Du es als "normal", Brauerin zu sein?
Lisa: In der Flensburger Brauerei ist es Alltag und normal. Wenn Du Dich außerhalb der Brauerei mit Leuten unterhältst, triffst Du manchmal auf Überraschung und eventuell auf Vorurteile, die man aber relativ schnell abbauen kann.

Ich würde mich also gerne als normale Brauerin sehen, aber man ist zwangsläufig, ob man will oder nicht, immer noch ein Stück weit Pionierin. Wobei ich da schon auch eine Veränderung sehe.
Würde es Deiner Meinung nach helfen, wenn Frauen in der Branche noch sichtbarer wären?
Lisa: Das ist immer ein schmaler Grat zwischen: Ist eine Brauerin etwas Besonderes und soll hervorgehoben werden? Oder zieht man das einfach durch? Wenn die Führungen durch die Brauerei vorbeikommen, renne ich oft mit dem Hakenschlüssel durch und sage: "Ja, ich arbeite hier halt einfach."

Wir bedanken uns ganz herzlich für das Interview mit Dir, liebe Lisa!

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